Frakturfehlverheilung und Pseudarthrosen

Fehlverheilung einer Fraktur

Jede Frakturheilung, die von der anatomischen Norm abweicht, wird als Fehlverheilung bezeichnet. Nicht alle Fehlverheilungen machen jedoch ein Problem. Es kommt dabei darauf an, ob es sich um eine Fehlverheilung einer Gelenkfraktur handelt. Das Ausmaß der Abweichung ist relevant, sowie die anatomische Lokalisation.

Daher muss jeder Fall individuell evaluiert werden, um eine Therapieentscheidung zu treffen, die die gegebenen anatomischen Bedingungen und die Bedürfnisse (Sport, Arbeit) der/des Betroffenen miteinbezieht.

Der korrigierende Eingriff am Knochen wird Korrekturosteotomie genannt. Korrekturosteotomien sind notwendig, um Achsfehlstellungen, Verkürzungen und Rotationsfehlstellungen eines Knochens zu korrigieren.

Fehlstellungen am Knochen oder Gelenk können in Folge eines fehlverheilten Knochenbruches auftreten, oder aber abnützungs- (Arthrose) oder anlagebedingt bestehen. Durch die neu eingetretene Fehlstellung kommt es zu einer Fehlbelastung der angrenzenden Gelenke, zu Schmerzen und einer vorzeitig voranschreitenden Abnützung.

Häufig betroffene Lokalisationen sind:

  • Schlüsselbein:
    Verkürzungen und Achsabweichungen führen neben einem kosmetischen Defizit zu einer Fehlbelastung des Schultergelenkes, wodurch Schmerzen und chronische Beschwerden entstehen können. Abhängig von der Fehlstellung kann direkt korrigiert werden, oder mittels Knochenspan der Defekt überbrückt werden, um die korrekte Anatomie wiederherzustellen. Die neue, korrekte Stellung wird mit einer Titanplatte in Position gehalten.

 

  • fehlverheilte Handgelenkfraktur:
    Verheilt eine Handgelenkfraktur in der falschen Stellung, so führt dies meist zu Beschwerden bei der Beweglichkeit und verursacht Schmerzen, die vor allem auch sekundär durch eine frühzeitige Abnutzung=Arthrose entstehen. Zur Korrektur der Fehlstellung wird der Knochen direkt in der Fehlstellung durchtrennt, ein angepasster Knochenspan eingebracht und die Stellung mit einer Titanplatte in Stellung gehalten. Ein Gips ist nach der Operation nicht notwendig, sondern es wird eine anatomisch modellierte abnehmbare Orthese angefertigt, wodurch frühzeitig mit Physiotherapie und Bewegungsübungen begonnen werden kann.

 

  • fehlverheilte Mittelhand- oder Fingerknochen
    Frakturen von Fingern und Mittelhandknochen stellen ein besonderes Problem dar, da durch einen fehlverheilten Fingerstrahl die gesamte Handfunktion in Mitleidenschaft gezogen wird.
    Vor allem Rotationsfehler wirken sich gravierend aus, da dadurch der Fingerschluss stark gestört wird und die Greiffunktion nicht mehr regelrecht abläuft.
    Zur Korrektur wird in der Fehlstellung der Knochen durchtrennt und in die korrekte Position gebracht. Nicht immer ist an Mittelhand und Fingern ein Knochenspan nötig. Oft kann die Korrektur einfach nur mit einem Titanplättchen in Stellung gehalten werden.

 

  • Kniegelenknahe Osteotomien bei O- oder X-Bein
    Fehlstellungen am Kniegelenk können nach Frakturen, aber auch durch Arthrose auftreten. Durch zunehmende Fehlstellung des Kniegelenkes in eine O- oder X-Beinstellung kommt es zu einer zunehmenden Verlagerung der mechanischen Beinachse, wodurch wiederum das Kniegelenk sehr einseitig benutz, und dadurch frühzeitig abgenutzt wird.
    Um Knorpelschäden und der Früharthrose vorzubeugen, sowie Schmerzen zu lindern, wird in speziellen Fällen eine Beinachsenkorrektur durchgeführt. Hierbei wird kniegelenknahe der Knochen im Scheitelpunkt der Deformität aufgekeilt und mit einer Titanplatte fixiert, wodurch die mechanische Beinachse minimal zur Gegenseite überkorrigiert wird. Durch diese leichte Überkorrektur kommt es zur Entlastung der geschädigten Knieseite.

Pseudoarthrose

Ein fehlverheilter Knochenbruch wird als Pseudarthrose bezeichnet. Es kommt dabei zur Ausbildung eines „Falschgelenkes“ anstatt eines stabilen Knochengewebes (Kallus).

Häufige Lokalisationen sind:

  • Schlüsselbein – Claviculapseudarthrose
  • Kahnbein – Naviculare Pseudarthrose
  • Rippen – Rippenpseudarthrose
  • Mittelhandknuchen – Metacarpalpseudarthrose
  • Mittelfußknochen – Mittelfußknochenpseudarthrose
  • Oberarm – Humeruspseudarthrose
  • Elle und Speiche – Radius- und Ulnapseudarthrose
  • Schienbein – Tibiapseudarthrose

Eine Pseudoarthrose kann prinzipiell an jedem Knochen entstehen und wird als solches bei Ausbleiben der knöchernen Heilung von länger als 6 Monaten bei Erwachsenen bezeichnet.

Beim kindlichen und jugendlichem Skelett sind, abhängig vom jeweiligen Alter, kürzere Zeiten anzusetzen.

Es kommt in der Pseudoarthrose zu einer pathologischen Beweglichkeit. Das heißt, es entstehen gelenkartige Bewegungen am Knochen, die rein anatomisch nicht vorgesehen sind. Dadurch entstehen einerseits Schmerzen, andererseits macht die Instabilität des Knochens Beschwerden.

Es gibt mehrere Arten der Pseudoarthrose, grob kann man sie in wachsende und gewebeabbauende Pseudoarthrosen unterteilen.

Als Ursache liegt eine Minderdurchblutung des gebrochenen Bereiches vor, wodurch eine knöcherne Heilung nicht stattfindet. Dies kann mehrere Ursachen haben:

Durch Instabilität

  • unzureichendes Implantat
  • falsch eingebrachtes Implantat
  • falsch indizierte Gipsbehandlung

Durch mangelnde Ruhigstellung oder zu frühe Belastung der Fraktur

Durch Rauchen und/oder Nikotinkonsum

Durch internistische Ursachen, z.B. Blutgefäßverschlusskrankheit (PAVK)

Symptome

Die Symptome kommen schleichend

  • Zunehmende Schmerzen im betroffenen Bereich
  • Schwellung & ev. Rötung
  • Ev. Sekundäre Infektion der Pseudarthrose mit Fieber

Diagnostiziert wird die Pseudoarthrose, neben der klinischen Untersuchung, durch die Röntgenuntersuchung und die Computertomographie (CT). Eventuell ist eine Magnetresonanztomographie (MRT) erforderlich.

Therapie

Ziel der konservativen und operativen Therapie ist es, die Pseudarthrose zu entfernen. Als konservative Maßnahme gibt es die Stoßwellenbehandlung, Ruhigstellung und Schienenbehandlung. Führt diese Maßnahme nicht zur Heilung, muss ein operativer Eingriff erfolgen, um die Knochenbruchheilung erzielen zu können.

Dabei muss das Falschgelenk, das aus einer faserigen Struktur besteht, entfernt und der Defekt gegebenenfalls mit körpereigenem Knochen ersetz werden.

Der Knochen wird über eine minimalinvasive Technik über einen ca. 3 cm Hautschnitt aus dem Beckenkamm gewonnen, wodurch keine mechanische Einschränkung am Becken resultiert.

Der betroffene Knochen wird anschließend mit einer Titan- oder Stahlplatte fest im Knochen fixiert, damit die knöcherne Heilung ungestört ablaufen kann. Abhängig von der Lage und Größe des Knochens können auch andere Implantate zur Fixation verwendet werden (Schrauben, Nägel).

Bei bestimmten Indikationen ist ein vaskularisierter Knochenspan nötig. Es handelt sich dabei um einen Knochenspan, der mit einem Blutgefäßanschluss entnommen wird. Durch die mikrochirurgische Anbindung des Knochenstücks an das Blutgefäßnetz wird die Einheilung des Transplantates signifikant verbessert.